Die Chancen in der Krise – Ein Beitrag von Hans-Rudolf Bek, Pfarrer i.R

Die Chancen in der Krise.
„Bleibt zu Hause, haltet Abstand, gerade so sind wir für einander da“. Mitten im Schrecken über die alle bedrohende Corona-Krise lernen wir zur Zeit etwas Neues, aber Altbewährtes. Wir telefonieren oft miteinander und fragen, wie geht es Euch. Die Quarantäne zu Hause bietet die Chance, zu sich selbst und neu zu einander zu finden. Angela Merkel vergleicht die gegenwärtige Herausforderung mit der Situation um 1945. Ich war damals knapp 15 Jahre alt, als das Dritte Reich zusammen gebrochen war und unsere Städte in Trümmern lagen. Worauf kam es damals an? Aus den Trümmern neue Brücken zu bauen. In unserer Jugendgruppe sangen wir damals ein Lied, das heute neu in meinem Herzen erwacht: „Lasst eure Herzen Träger werden für neue Brücken hier auf Erden, lasst euer Handeln Liebe sein und findet zu euch selber heim“. Zu sich selbst und zu einander heim zu finden – dies ist die Chance der Quarantäne zu Hause. Es geschieht so viel Gutes von Haus zu Haus, praktische mitmenschliche Hilfe, gerade im hygienischen Abstand wird eine neue Verbundenheit und Solidarität entdeckt.
Entscheidend hilfreich ist es dabei, wenn wir die spirituelle Dimension wieder neu wahrnehmen – daß wir nämlich vor dem Angesicht Gottes alle miteinander verbunden sind und im Gebet für einander einstehen. Das Serum gegen den Corona-Virus ist noch nicht gefunden, aber das Mittel gegen den Virus der Angst ist immer noch wirksam und steht uns jeden Tag zur Verfügung: Gott in der Not anrufen und das alte Vertrauen neu erproben: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen“. Es gibt ein Hinausschauen über die Mauern der Angst, es gibt die Zuversicht, daß wir eines Tages befreit auf die Krise zurückschauen werden. Dann werden wir uns auf das konzentrieren, was elementar wichtig ist in unserem Miteinander als Menschen, als Brüder und Schwestern : Für einander da zu sein und gemeinsam die Verantwortung für diese unsere bedrohte Erde wahrzunehmen.
Alle meine Engener Mitbürger und Mitbürgerinnen grüße ich mit dem Psalmwort (aus Psalm 57), das uns in dieser Zeit tragen, stärken und beflügeln kann : „Sei uns gnädig, Gott sei uns gnädig, denn auf dich traut unsere Seele, und unter dem Schatten deiner Flügel haben wir Zuflucht, bis daß das Unglück vorüber gehe“.
Ihr Hans-Rudolf Bek, Pfarrer i.R.